Donnerstag, 15.10.09

An diesem Tag sollte es losgehen in’s rund 300km entfernte Herzogenrath an der niederländischen Grenze (Ach ja; Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, es sein ein „Heimspiel“ für mich?!). Eigentlich schon am Mittag, aber ich musste erst noch arbeiten, hatte noch einen Termin und musste danach vor der Fahrt noch in die Werkstatt um das Bremssystem zu entlüften… Das habe ich nämlich auf die Schnelle am Abend vorher beim Wechseln der kompletten Bremsanlage der Hinterachse nicht mehr hingekriegt!

So kam es dann, dass ich erst gegen 17 Uhr zu meiner Trainerin kam, um sie einzuladen. Es war im Übrigen auch ihre Idee, am Donnerstag schon loszufahren – wo ich erst samstags meinen Start haben sollte. Ich selber wäre erst Freitag los. Wie sich aber herausstellte, sollte der Donnerstag die richtige Wahl gewesen sein ;)

Nach der Ankunft gab’s ein paar Trainingseinheiten; auf der Wettkampffläche und der Trainingsfläche in der Nachbarhalle. Später ging es dann nach dem Aufsuchen der Unterkunft zum „Patrasgrill“, der einen sogar schon für den Folgetag sättigte!

Wer am Abend noch einen lauten Knall gehört hat: Der kam von mir! Der Becher auf dem folgenden Bild war doch zu klein für die Halterung! Simon war nun wieder wach :D

Freitag, 16.10.09

Da war ich mal voll und ganz Zuschauer. Fast den ganzen Tag konnte ich mich zurücklehnen und dem ganzen Geschehen in der Halle meine Aufmerksamkeit schenken. Das war auch mal was Schönes, da der Wettkampf sonst für die Aktiven ja oft nebenher läuft. Insbesondere für die später Startenden trifft dies ja oft zu.

Na ja, am Abend war ich dann doch wieder in Glanzhose und Schläppchen (so heißen die Gymnastik-Teile an den Füßen bei uns) unterwegs ;)

Samstag, 17.10.09

So, heute sollte der große Tag werden! Mindestens Top five – aber einmal Finale muss doch auch zu schaffen sein!

Im Jahr zuvor habe ich mir ein paar Tage nach der DM und dem Gewinn des Vizemeistertitels sagen lassen, dass das Bewusstsein für einen solchen Erfolg noch einmal so richtig an Bedeutung gewinnt, wenn der mögliche Verlust kurz bevor steht. Auch aus diesem Grund bin ich mit der nötigen Vernunft in den Tag und den Wettkampf gestartet. Und obwohl ich erst seit 1998 weiß, was ein Kunstrad ist, so denke ich, dass mir das System DM im Einer mittlerweile geläufig ist. Das Ziel „Titel“ kann man Zuhause haben, aber nicht auf diesem Wettkampf. Die vorderen Plätze liegen derart dicht beieinander – so haben viele die Chance und wahrscheinlich kann es für die Zuschauer spannender nicht sein.

Für mich bedeutete dies: Früh aufstehen und möglichst gut vorbereitet sein. Schon in der Früh um halb sieben hatte ich mein Rad in der Hand und begann mit dem Aufpumpen der Reifen (13-14 bar müssen es sein!). Bekannte Frühaufsteher waren sogar schon vor mit da, aber dennoch bot sich mir eine gute Trainingsmöglichkeit.

[Es ist ganz wunderbar (zumindest kenne ich es so von meinen Mitstreitern), dass auch die direkteste Konkurrenz freundlich miteinander umgeht. Soweit es die Lage zulässt, wird vorher viel Glück gewünscht oder es werden im Nachhinein anerkennende Blicke gewechselt – mit Sicherheit ein Punkt, wo sich andere Sportarten etwas abschauen können.]

Nach dem Einfahren ging es wieder zurück in unsere Unterkunft zum Frühstücken. An diesem Tag funktionierte es sogar ganz gut, denn die Aufregung war relativ gering. Wir haben da schon andere Wettkampfmorgen erlebt, ne ;)

Nun denn, irgendwann waren wir dann auch wieder in der Halle und ich setzte mich irgendwo auf die Tribüne, wo ich den ersten Block der Männer gut sehen konnte. Diesen verfolgte ich dann und war begeistert von den vielen super Darbietungen und auch davon, wie spannend auch der erste Block schon war!

Nebenbei bemerkte ich dann, wie mein Fanclub die Schilder aufstelle und damit meinen Namen schrieb! Da war ich doch tatsächlich so gerührt, dass es echt schon feuchte Augen gab… Ja, damit haben die mich echt erwischt; ich fand’s toll!

Gegen elf Uhr dann ging es auf in Richtung Trainingshalle, Rad kontrollieren, warm machen, ein paar Übungen fahren, manche Übungen auch mehrmals fahren und schließlich gegen zwölf Uhr wieder in die Wettkampfhalle, wo ich mir erst noch krampfhaft ein paar Müsliriegel reinschieben musste, weil das spärliche Frühstück konnte so ja nicht für zwei Handstände reichen.

Wenig später war ich dann auch schon dran. Die Musik (ja, richtig, seit diesem Jahr gebe ich tatsächlich Musik ab und sage nicht mehr „spielt irgendwas ruhiges“) lief nicht, weil Hoofen am Donnerstag früher da war. Aber das sollte kein Problem sein – war es davor ja zehn Jahre auch schon nicht. Also dann los: ein paar möglichst sanfte Schritte zur Mitte der Fläche (manche „trampeln“ gerne – das mag ich nicht), Verbeugung zum bis dahin reichlich vorhandenen Publikum und zu den Kampfrichtern, auf’s Rad setzen, auf den Sattel springen, aufstehen und an der vorher mehrmals festlegten – und doch wieder oft vergessenen – Stelle „Start“ rufen und fünf Minuten später erst wieder auf die Außenwelt achten. Was dann passierte, weiß ich nicht mehr… das Video (von Benjamin Meyer gefilmt, danke danke) ist daher auch für mich interessant!

VIDEO

Fünf Minuten später: Absteigen, vor Freude strahlen und irgendwie enttäuscht auf die Anzeigetafel schauen. Das Programm verlief nämlich gefühlsmäßig besser, als was als Punktewert angezeigt wurde. Trotzdem war ich aber sehr zufrieden und war froh, dass ich so gut durch gekommen bin. Ich konnte mein Programm von Anfang an gut umsetzen, Übung für Übung abspulen und bis zum Schluss hochkonzentriert bleiben.

Danach, da ging es allerdings weiter mit einem überaus spannenden Wettkampf. Es war ja Platz fünf als Minimum ausgemacht und das Finale erwünscht – allerdings waren das ebenfalls die Gedanken der mir folgenden Starter. Bis zum letzten Start stand ich auf Platz vier – und nur elf Hundertstel von einem sicheren Finalplatz entfernt!! Elf Hundertstel – das ist nicht einmal ein kleiner Wackler!! Solch nervenaufreibende 30 Minuten hatte ich und auch meine Trainerin vorher noch nicht erlebt. Wir hatten aber Glück und am Ende mit Platz vier hatte ich die Möglichkeit, noch ein weiteres Mal meine Kür zu präsentieren. Zum wirklich letzten Mal dann in dieser Saison auf einem Wettkampf ;) Wer sich an die DM 2008 erinnert: Das ist mit da doch schon einmal „passiert“. Nur das ich da den Lenkerhandstand auch nach einem zweiten Ansatz nicht gefahren habe und ich mich damals mit 17 (!!) Punkten weniger für das Finale qualifizieren konnte, siehe Foto:

Auf jeden Fall war mit diesem Resultat mein Ziel für die DM erreicht und ich konnte den restlichen Tag ganz beruhigt angehen. Kekse und viel Schokolade ließen mein vorausgegangenes Defizit an Energie wieder überquellen und während die Anderen mit Sekt nun endlich den Geburtstag von meiner Trainerin Monika feiern konnten, tat ich selbiges mit Saft. Ich sollte ja nun noch einmal auf die Fläche *freu*

Bis es allerdings dann soweit sein sollte, vergingen noch etliche Stunden. Gefühlt eine Ewigkeit! Das Finale sollte nämlich um 17 Uhr beginnen. Abgestimmt wurde das sogar mit dem extra angereisten Übertragungswagen vom WDR – der wie sich rausstellte aber leider nicht für mich angereist war. Zum Glück ging es aber schon vor 17 Uhr wieder mit irgendwas weiter, nämlich dem Vorbereiten auf meinen Start. Da das Finale auf der anderen Fläche ausgetragen wurde, musste ich mich hier auch erst noch auf die Fläche einstellen. Dieses sahen meine Mitfinalisten genauso und so kam es, dass wir vier uns alle gemeinsam wie gierige Raubtiere vor der Fläche warm machten um ja noch einmal auf die Fläche zu kommen. Okay, so schlimm war es dann doch nicht! Wir sind immer ganz friedlich gewesen, denn es ist ja nicht so, dass wir uns da zum ersten Mal gesehen haben. Ich habe dabei übrigens das mir geschenkte T-Shirt von den „Kleinen“ aus Lieme angehabt!

Auf der Fläche habe ich ein paar Übungen gefahren und mal hier und dort geschaut, wo Markierung u.s.w sind. Die mitgereisten Fans zogen es dann sogar vor, die Halle zu verlassen und sie fragten sogar Monika, ob denn alles in Ordnung sei, weil bei mir nichts klappt. Also hier noch einmal für alle zur nachträglichen Beruhigung: Ja, es war alles paletti. Mein Programm fahre ich ja im Wettkampf und vorher bereite ich mich halt auf diese Weise darauf vor.

Ganz interessant auch dieses Foto:

Es ist direkt vor dem Betreten der Fläche entstanden! Hier kann man auch gut sehen, wie meine letzten Minuten vor dem Start aussahen – genauso! Dies hier ein Folgefoto.. ca. eine Minute später.

Zum Start jedoch später. Zunächst war da ja noch die Zeit des Finales, in der irgendwie nichts passierte. Das TV-Team vom WDR filmte kurz einen Sechser und ein Radballspiel und danach folgten weitere finale Veranstaltungen bis ich gegen 17 Uhr endlich dran sein durfte. Vorher wäre ich beinahe eingeschlafen, aber dazu war ich zum Glück zu aufgeregt. Die anderen drei sind sogar noch in der Trainingshalle zum Einfahren gewesen, aber das war mir zu viel, da ich echt schon sehr kaputt war! Als es dann Zeit wurde, mich für den Start fertig zu machen, hatte ich anfangs auch echt Probleme, mich noch einmal aufzurappeln! Monika kann sich sicherlich noch gut erinnern, wie ich ihr sagte, wie schlapp, ja sogar unmotiviert ich mich fühlte. Ich weiß es nicht mehr, aber ich glaube den einen oder anderen Müsliriegel habe ich dann auch noch zu mir genommen und irgendwann ging es dann auch schlagartig aufwärts mit meinem Befinden. Es kam eine regelrechte Freude auf, noch einmal starten zu können, während ich Monika aber deutlich die Aufregung anmerken konnte. Ihr ging es da ganz bestimmt schlechter als mir!

Von der dann folgenden Kür habe ich leider kein einziges gutes Foto. Ein Video wird aber bald veröffentlicht werden können und das ist auch gut so, denn ich kann mich an diese Kür noch weniger erinnern, als an die Kür vom Vormittag!

Umso besser, dass sie sogar noch besser also die ohnehin schon am Vormittag sehr gute Kür war und am Ende eine hervorragende Punktzahl (recht nah an der in Märkisch Buchholz aufgestellten Bestleistung von 192,79 – NRW Rekord und 4. Platz HRS-Weltjahresbestenliste) raus kam. Mit diesem Ergebnis hätte ich mir dann sogar wirklich reale Hoffnungen auf eine Podestplatzierung machen können, aber irgendwie bin ich vor Euphorie erst gar nicht auf eine solche Idee gekommen und bis es dann nach den drei folgenden Startern klar war, dass ich gewonnen hatte, war mir das selbst noch ganz und gar nicht klar!! Und Monika auch nicht! Da kamen dann erst noch ganz viele auf uns zum Gratulieren zu und irgendwann dann später… nach ein paar Tagen oder Wochen wurde es dann klarer, dass ich tatsächlich an der Deutschen Meisterschaft der Elite 2009 im Kunstradfahren die Kür mit dem besten Punktwertergebnis zeigen konnte und damit den Titel Deutscher Meister 2009 tragen darf!!

Die Siegerehrung fand gleich im Anschluss statt, da meine Disziplin den Abschluss der Deutschen Meisterschaft bildete und ich wurde sogar vom weiterhin amtierenden Weltmeister David Schnabel vom Podest abgeholt, was natürlich noch eine weitere Freude war.

Für die nach der Siegerehrung stattgefundene Dopingkontrolle musste ich dann noch über sechs Liter Wasser trinken, bis es zu einer ausreichenden Probe reichte und das kostete noch einmal viel Zeit, bis ich zu dem wartenden Fanclub aus Lieme kommen konnte ;)

Dass ich das gleiche Trikot anhatte, wie bei der DM 2008 war Zufall! Da ich nicht davon ausging, dass ich noch ein zweites Trikot an diesem Tag brauchen würde, zog ich das extra für die Saison gekaufte Trikot in der Vorrunde an und im Finale blieb nur noch das, was im Vorjahr schon dabei war, siehe Foto:

Nach einem bisschen Feiern ging es dann allerdings auch diese Mal schon wieder abends nach Hause. Das hat familiäre Gründe!

Sonntag, 18.10.09

Drei Uhr morgens: Ankunft Zuhause.

17 Uhr nachmittags: Der offizielle Empfang in Lieme!

Nachdem ich dann am Samstag meinen „familiären Pflichten“ nachgekommen bin, konnte ich auf 17 Uhr nach Lieme zum vom Verein vorbereiteten Empfang kommen. Für mich war es ganz beeindruckend, wie viele zu dem kurzfristigen Termin gekommen sind um Monika und mir Glückwünsche auszusprechen! Sogar die Presse kam zum Termin. Es gab Kuchen, Sekt und Saft zu den Erzählungen von den noch immer erschöpften Grundgebern Monika und Simon. Die am Vortag gesammelten Erfahrungen und Eindrücke wurden genau beschrieben und die Anwesenden konnten sich so ein Bild von dem nervenaufreibenden und wahnsinnig anstrengenden Tagen auf der Deutschen Meisterschaft machen. Und obwohl es ja das erste Mal für mich war, dass ich der alleinige Sportler vom Liemer RC auf einer Deutschen Meisterschaft bzw. überhaupt auf einem Wettkampf war, gab es echt erstaunlich viel zu erzählen!

Für die ganzen Aufmerksamkeiten bedanke ich mich sehr!!

Am 30. Oktober brachte ich meine bis dahin gesammelten Bilder und Videos mit in die Halle und Monika und ich gaben zusammen einen aus. Auf einer Leinwand erzählten wir zu den Bildmaterialien noch mal Details und die Geschichte der DM.